ZK 2013 521 - Verjährung von Unterhaltsbeiträgen
ZK 13 521, publiziert Februar 2014
Entscheid der 2. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Bern
vom 27. November 2013
Besetzung
Oberrichterin Grütter (Referentin), Oberrichter Bähler und Oberrichter Kiener
Gerichtsschreiberin Lauber
Verfahrensbeteiligte
A
Gesuchstellerin/Beschwerdeführerin
gegen
B
vertreten durch Fürsprecher X
Gesuchsgegner/Beschwerdegegner
Gegenstand
definitive Rechtsöffnung
Beschwerde gegen den Entscheid des Regionalgerichts Bern-Mittelland, Gerichtspräsidentin Rickli, vom 10. September 2013
Regeste:
• Art. 81 Abs. 1 SchKG; Art. 128 Ziff. 1 OR; Art. 135 Ziff. 1 OR
• Gemäss Art. 128 Ziff. 1 OR verjähren periodische Leistungen jede für sich - nach Ablauf von jeweils fünf Jahren. Der Umstand, dass schlussendlich ein Gesamtbetrag aus Unterhaltspflicht offen bleibt, ändert nichts daran, dass nicht dieser Gesamtbetrag zu einem einheitlichen Zeitpunkt verjährt, sondern die einzelnen Unterhaltsbetreffnisse je nacheinander. Eine Teilzahlung kann demnach bei Unterhaltsforderungen nicht in Bezug auf die gesamte ausstehende Schuld verjährungsunterbrechend wirken, sondern nur in Bezug auf eine Monatsschuld.
• In der Leistung einer Teilzahlung liegt keine generelle Anerkennung noch nicht honorierter Unterhaltspflichten.
Redaktionelle Vorbemerkungen:
Mit Scheidungsurteil wurde der Beschwerdegegner verpflichtet, monatliche Unterhaltsbeiträge zu bezahlen. Anfangs 2009 bezahlte er CHF 100.00. Von Februar 2010 bis April 2012 leistete er zudem regelmässige Abzahlungen. Die Unterhaltsausstände von Mai 2004 bis Juli 2008 wurden von der Beschwerdeführerin im Juli 2012 in Betreibung gesetzt. Die Vorinstanz erteilte der Beschwerdeführerin für einen Teilbetrag die definitive Rechtsöffnung und erwog, die restliche Forderung beschlage Unterhaltsschulden für die Zeit vor August 2007, welche verjährt seien. Als verjährungsunterbrechende Handlung wurde eine Betreibung im Juli 2012 akzeptiert, nicht hingegen die vom Beschwerdegegner geleisteten Abschlagszahlungen. Die Beschwerdeführerin bestreitet eine Verjährung der Unterhaltsbeiträge für die Zeit vor August 2007 und macht geltend, durch die Abschlagszahlungen habe der Beschwerdegegner konkludent zum Ausdruck gebracht, dass er davon ausgehe, noch Unterhaltsbeiträge zu schulden. Die Teilzahlung(en) würde in Bezug auf die gesamten ausstehenden Unterhaltsbeiträge verjährungsunterbrechend wirken. Demgegenüber hält der Beschwerdegegner dafür, er habe nie zum Ausdruck gebracht, eine Schuld anzuerkennen.
Auszug aus den Erwägungen:
(...)
IV.
( )
3. Gemäss Art. 135 OR wird die Verjährung unterbrochen: (Ziff. 1) durch Anerkennung der Forderung von Seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zinsund Abschlagszahlungen, Pfandund Bürgschaftsbestellung; (Ziff. 2) durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage Einrede vor einem staatlichen Gericht einem Schiedsgericht, sowie durch Eingabe im Konkurs.
4. Unterhaltsbeiträge stellen periodische Leistungen dar (vgl. Robert K. Däppen, in: Honsell/Vogt/Wiegand [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 5. Aufl. 2011, N. 3 zu Art. 128 OR). Gemäss Art. 128 Ziff. 1 OR verjähren periodische Leistungen jede für sich - nach Ablauf von jeweils fünf Jahren. Der Umstand, dass schlussendlich ein Gesamtbetrag aus Unterhaltspflicht offen bleibt, ändert nichts daran, dass nicht dieser Gesamtbetrag zu einem einheitlichen Zeitpunkt verjährt, sondern die einzelnen Unterhaltsbetreffnisse je nacheinander (vgl. Däppen, in: Honsell/Vogt/Wiegand [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht I, a.a.O., N. 2 zu Art. 128 OR, wonach periodische Leistungen separat fällige, periodisch wiederkehrende Einzelleistungen aus einheitlichem Grund sind [Hervorhebung beigefügt]). Eine Teilzahlung kann demnach entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin bei Unterhaltsforderungen nicht in Bezug auf die gesamte ausstehende Schuld verjährungsunterbrechend wirken, sondern nur in Bezug auf eine Monatsschuld. In der Leistung einer Teilzahlung liegt keine generelle Anerkennung noch nicht honorierter Unterhaltspflichten.
5. Hat der Schuldner mehrere Schulden an denselben Gläubiger zu bezahlen, so ist er berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will (Art. 86 Abs. 1 OR). Mangelt eine solche Erklärung, so wird die Zahlung auf diejenige Schuld angerechnet, die der Gläubiger in seiner Quittung bezeichnet, vorausgesetzt, dass der Schuldner nicht sofort Widerspruch erhebt (Art. 86 Abs. 2 OR). Liegt weder eine gültige Erklärung über die Tilgung noch eine Bezeichnung in der Quittung vor, so ist die Zahlung auf die fällige Schuld anzurechnen, unter mehreren fälligen auf diejenige Schuld, für die der Schuldner zuerst betrieben worden ist, und hat keine Betreibung stattgefunden, auf die früher verfallene (Art. 87 Abs. 1 OR).
6. Vorliegend hat der Beschwerdegegner anlässlich der Zahlung von Januar 2009 nicht präzisiert, an welche Monatsschuld seine Teilzahlung anzurechnen sei (vgl. GB 4). In Anwendung von Art. 87 Abs. 1 OR wird die Zahlung deshalb der zuerst verfallenen Schuld - den Unterhaltsbeiträgen für den Monat Mai 2004 von CHF 375.00 (vgl. GB 3) angerechnet. Betreffend diese Schuld wirkte die Zahlung verjährungsunterbrechend. Mit den drei weiteren Zahlungen von jeweils CHF 100.00 in den Monaten Februar, April und Mai 2010 (vgl. GB 3) tilgte der Beschwerdegegner die Unterhaltsforderung für den Monat Mai 2004 gänzlich und begann sodann mit der Abzahlung des Unterhaltsbeitrages für den Monat Juni 2004 (CHF 750.00). Im Mai 2010, als der Beschwerdegegner mit CHF 25.00 die Unterhaltsschuld von Juni 2004 abzutragen begann, war diese bereits verjährt (vgl. Art. 128 Ziff. 1 OR). Folglich konnten die Zahlungen für diese Unterhaltsforderungen keine verjährungsunterbrechende Wirkung mehr zeitigen.
7. Festzuhalten gilt es, dass es der Beschwerdeführerin unbenommen gewesen wäre, die Abschlagszahlungen nicht an die älteste, sondern an jüngere Forderungen anzurechnen und dies entsprechend zu quittieren (vgl. Art. 86 Abs. 2 OR). In diesem Fall wäre ihr die Argumentation der Verjährungsunterbrechung in Bezug auf die tangierte Forderung, nicht aber der Gesamtschuld, offen geblieben. Da die Beschwerdeführerin eine solche Erklärung unbestrittenermassen nicht abgegeben hat, bleibt es indes dabei, dass erst die Betreibung von Juli 2012 für die noch offenen, noch nicht verjährten Unterhaltsbetreffnisse verjährungsunterbrechend wirkte (vgl. Art. 135 Ziff. 2 OR; vgl. pag. 21, 157. 173). Die vor August 2007 fällig gewordenen Unterhaltsbeiträge sind verjährt. Für diese kann keine definitive Rechtsöffnung mehr erteilt werden (Art. 81 Abs. 1 SchKG).
( )
Hinweis:
Der Entscheid ist rechtskräftig.